ABLAUFORGANISATION IN 7 SCHRITTEN

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Think about it this way: If you had to launch your business in two weeks, what would you cut out?

Jason Fried

7 SCHRITTE IN RICHTUNG SCHLANKE, EFFIZIENTE, WERTVOLLE ABLAUFORGANISATION

Serviceorientierte Abteilungen in größeren Unternehmen (Personal, Controlling, Vertrieb etc.), aber auch reine Dienstleistungsunternehmen wie Agenturen, Planungsbüros, Beratungen – sie alle kennen das Problem: den Flaschenhals. Er entsteht, wenn auf der To-Do-Liste einer oder weniger Personen zu viel manuelle und zeitintensive Arbeit auftaucht. Infolgedessen verschiebt sich das Erreichen von Meilensteinen zur einmal gesetzten Deadline regelmäßig. Die Organisation wird unfähig, eine höhere Anzahl an Arbeitsaufträgen abzuarbeiten; sie stagniert. Die schnelle Lösung ist dann in vielen Fällen das Einstellen von mehr Personal und Verursachen von mehr Personalkosten und Abstimmungsbedarf. Die Alternative (oder zumindest dringend anzuratende Ergänzung) ist die Reflektion der Organisation und darauffolgend die Umstellung der eigenen Prozesse zugunsten einer Ablauforganisation.

Dieser Post soll Denkanstöße geben, die Organisationen zu mehr Flexibilität, weniger manueller Arbeit, zu einer höheren Skalierfähigkeit und so letztlich auch zu mehr Arbeitszufriedenheit aller Beteiligten führen können. Hier handelt es sich um meine Sicht auf die Dinge – die Auswahl ist sicher nicht abschließend.

1. Vorhandene Prozesse auf Reproduzierbarkeit durchleuchten

Unternehmen oder Abteilungen, die Dienstleistungen erbringen, tun das in der Regel in zwei Ausprägungen:

  1. Als Projekt: einmalig, individuell, in der Regel nach Zeiteinheiten vergütet oder daran gemessen, oft für nur einen oder wenige Auftraggeber
  2. Als Prozess: wiederkehrend, standardisiert, in der Regeln pauschal vergütet oder nach Anzahl der Wiederholungen gemessen, für beliebig viele Auftraggeber

Der Vorteil an einem Geschäft aus reproduzierbaren Prozessen liegt darin, dass Output und Input (bzw. Umsatz und Kosten) voneinander entkoppelt werden: die Effizienz steigt, eine Skalierung wird möglich.

Wenn der tägliche Geschäftsbetrieb bereits primär aus Prozessen besteht, sollte sich eine Frage anschließen: „Laufen diese Prozesse wirklich immer gleich ab (Standardisierung) und sind sie von einzelnen Personen und deren Wissen abgekoppelt (intuitiv, verständlich, lehrbar)?“ Erst wenn sich diese Frage mit „Ja“ beantworten lässt, ist der Ablauf wirklich reproduzierbar.

Sollte dem (noch) nicht so sein, ist ein wenig Arbeit notwendig. Die erste reproduzierbare Version des Ablaufes muss geschaffen werden. Auf dem Weg zur ersten und auch zu Nachfolge-Versionen sind „Prozesshänger“, also im Zweifel Kosten verursachende Fehler, die in der Regel an den Schnittstellen zu anderen Prozessen entstehen, völlig normal. Wenn man sie als Chance begreift und sie nach ihrem Auftreten manuell korrigiert (nicht: aufgibt und sie durch ausschließlich manuelle Abläufe ersetzt), während man insbesondere manuell durchzuführende Schritte dokumentiert und Anpassungen vornimmt, erreicht der Ablauf schnell den Reifegrad eines reproduzierbaren Moduls.

Fragen, die man sich als werdende Ablauforganisation an dieser Stelle – wenn eh schon Grundlagenarbeit stattfindet – ebenfalls dringend stellen sollte:

  • Welche 20% unserer Leistungen schaffen 80% unseres Outputs / Umsatzes oder könnten es potenziell tun?
  • Welche davon beherrschen wir schon heute mit Spezialistenwissen und hoher Kundenzufriedenheit?
  • Konzentrieren wir uns heute bereits auf eben diese (und nur diese) Leistungen?

2. Wertvolle Pakete und Produkte kreieren

Jeder reproduzierbare, klar definierte und dokumentierte Prozess, dessen Schnittstellen nach außen bekannt und geregelt sind, ist ein Modul, das mit einem Namen versehen werden kann. Ein benanntes und abgegrenztes Arbeitspaket kann an Interne oder Externe delegiert werden. Leistet dieses Paket sogar eine Wertschöpfung, für die Dritte (am Besten vorab) Geld bezahlen würden? Dann ist der Schritt zum eigenständigen Produkt nicht weit. Sollte die Nachfrage ausreichend hoch sein, das Produkt aber nicht zur bisher etablierten Außenwahrnehmung des Unternehmens passen, lohnt sich das Kreieren einer neuen Marke einschließlich Außenauftritt, unter der zukünftigen Kunden (nicht: „Mandanten“, „Klienten“ oder „Auftraggeber“) nur dieses Produkt (nicht: „Service“) angeboten wird.

3. Integration & Automatisierung als oberste Prämisse der Ablauforganisation etablieren

Innerhalb von Abläufen Informationen von A nach B zu kopieren oder anderweitig händisch weiterzuverarbeiten ist Zeitverschwendung. Alle modernen Tools, insbesondere browserbasierte Software-as-a-Service Werkzeuge, sollten miteinander integrierbar und über Schnittstellen aneinander anbindbar sein, so dass möglichst große Teile des Ablaufs automatisch geschehen können. Es gilt:

  • Einige Tools kommen mit mehr Optionen als andere. Daher lohnt es sich, die Featuresets der Tools entlang der Anforderungen des jeweiligen Ablaufs genau zu prüfen, im ersten Schritt losgelöst vom Preis. Ein Scoring mit gewichteten Soll- und Kann-Merkmalen quantifiziert nicht nur, es zwingt vielmehr in die detaillierte Auseinandersetzung mit den Tools und beugt Fehlentscheidungen vor.
  • Idealerweise sprechen die Tools miteinander, so dass ein Tool eine Aktion (=“Event“) in einem oder mehreren anderen auslösen (=“Trigger“) kann. Überraschend viele Herausforderungen dieser Art lassen sich, Fähigkeit zur Abstrahierung vorausgesetzt, auch ohne Coding-Kenntnisse zum Beispiel mit Zapier oder vergleichbaren Werkzeugen lösen.
  • Viele Brüche und / oder manuelle Zwischenschritte und die damit einhergehende höhere Fehleranfälligkeit sollten vermieden werden.
  • Einfachheit und Pragmatismus sind wichtig. Eine Architektur, die zwar funktioniert, aber von nur einer oder wenigen Personen verstanden wird, ist ein wesentliches Risiko (was ebenfalls für low code Setups spricht).
  • Das Aufsetzen eines eleganten Setups nimmt Zeit in Anspruch. Dieses Zeit-Investment zahlt sich später vielfach aus. Es wäre schade, erläge man dem Impuls, es doch „mal eben“ händisch zu erledigen.

4. Manuelle Module delegieren und lehren

Remote Work bei Mozilla – 1.100 MitarbeiterInnen, davon 46% remote

Ist der Ablauf sauber in Arbeitspakete heruntergebrochen und dokumentiert, lassen sich die nicht automatisierbaren Teile oder Einzelprozesse herauslösen, zusammenfassen, abgrenzen und an einzelne Personen oder Personengruppen, intern oder extern, vergeben. Mit DienstleisterInnen lässt sich hier gegebenenfalls ein Preis pro geleistetem Paket besprechen, dann werden Deckungsbeitragsrechnung und Pricing zum Spaziergang. Setzt man Externe in größerem Maße ein, muss allerdings die Frage des Raumes geklärt werden: Zukunftsfähig und flexibel wird die Organisation nur dann, wenn sie erfolgreich über die Ferne zusammenarbeiten und Wissen transportieren kann – ein Privileg des Dienstleistungssektors, welches man sich zunutze machen sollte. Um nur zwei Vorteile zu nennen: deutlich weniger Infrastruktur-Kosten und größerer Talente- und Service-Pool durch räumliche Unabhängigkeit. Moduldelegation und Remote-Work werden funktionieren, wenn folgende Punkte beachtet werden:

  • Organisationstool für Projekt- und Prozessmanagement einsetzen (ich schätze ein sauber eingeführtes Monday.com) um konkrete Deliverables, also Ziele und Meilensteine, für Gruppen und Einzelpersonen (externe Gastnutzer und eigene Mitarbeiter) zu definieren.
  • Intuitive und integrierbare Kommunikationstools einführen (meine Wahl wäre derzeit: Slack als Chat und ergänzendes Tool für Onboarding und Gruppeninformation; Google Workspace für Videomeetings, Postfächer, Kalender, Cloudspeicher und Emailrouting…und eben Monday für Planung, Dokumentation, Teilautomatisierung und Timetracking.
  • Nähe und persönliche Bindung herstellen (alle Remotees regelmäßig persönlich treffen), Misstrauen hingegen abgewöhnen (wer remote „bummelt“, hat keine wohlformulierten Ziele gesteckt bekommen oder sitzt auf der falschen Position im Unternehmen: Managementfehler).
  • Einarbeitung für Neue sicherstellen (ein „Lehrplan“ für die ersten Tage und ein gutes Wissensmanagement, etwa ein Wiki. Dafür ist eine lückenlose Prozessdokumentation, die an diesem Punkt bereits stehen sollte, unerlässlich).

5. Entscheidungen treffen

Fear Of Missing Out (FOMO) beschreibt die Angst, etwas zu verpassen und sich infolgedessen nicht für oder gegen etwas zu entscheiden. Abhilfe schaffen kann hier eine Quantifizierung der Handlungsalternativen:

  • A/B Tests (Performance, Preissensitivität, Produktauswahl…) auswerten
  • Scorecards aufsetzen
  • KPIs sichtbar machen mit Hilfe von Business Intelligence Tools (Klipfolio, Y42, Google Data Studio)

Tabellenkalkulationssoftware wie GSheets oder MS Excel ist dein Freund, nicht dein Feind. Steht der rechnerische Way Forward fest, geh‘ ihn auch, selbst wenn die Rechnung zu einem großen Teil auf Annahmen fußt. Auch eine Entscheidung mit Hilfe von Bauchgefühl ist immer besser als gar keine.

Ein paar weitere Leitfragen können dir helfen:

  • Wie häufig sagst du „Lass‘ uns da mal drüber nachdenken“ anstatt „Lass‘ uns jetzt eine Entscheidung treffen“?
  • Sagst du „Ja“ aus Schuld- / Verpflichtungsgefühl oder weil du es wirklich meinst?
  • Musst du in einem Bereich besonders viele Entscheidungen treffen? Wenn es sich an einem Punkt konzentriert, kann man es möglicherweise delegieren.
  • Kannst du viele kleinteilige (und damit Zeit kostende) Entscheidungen durch eine grundsätzliche Entscheidung ersetzen?

6. Richtig priorisieren

There are many things of which a wise man might wish to be ignorant.

Ralph Waldo Emerson

Wer kennt es nicht: jeden Tag auf’s Neue werden Prioritäten so gesetzt, dass der Arbeitsalltag in Stress ausartet. Die ABC-Analyse, die die meisten aus dem Studium für die unterschiedlichsten Lebens- und Berufsdomänen (wenn man das denn unterscheiden möchte) kennen, hat es häufig nicht in den Alltag geschafft. „Get Shit Done“ steht zwar auf vielen Postern und Kaffeebechern, wird aber gerade in großen Organisationen selten gelebt. Ein paar Regeln, die zum Erkennen der richtigen Prioritäten helfen können:

  • Leitfrage: „Nützt mir die Aneignung dieses Wissens, um eine Aufgabe zu lösen?“ Wenn die Antwort „Nein“ lautet, sollte die Aneignung unterbleiben (Newsportale wälzen, Social Media Konsum, Klönschnack am Telefon), zumindest während der Zeitfenster, die der Aufgabenlösung gewidmet sind.
  • Ähnlich gelagerte Leitfrage: „Werde ich die Ergebnisse der Tätigkeit, die ich gerade verfolge, für etwas unmittelbar Drängendes und Wichtiges nutzen?“ Wenn die Antwort „Nein“ lautet, sollte die Tätigkeit unterbleiben.
  • Etwas anzufangen bedeutet nicht, es auch zu Ende bringen zu müssen. Nur weil man einmal die Entscheidung getroffen hat, etwas zu tun, muss man es nicht um jeden Preis durchziehen. Vielmehr kann man auch die bewusste Entscheidung treffen, abzubrechen: Fail fast.
  • 90% aller Probleme erledigen sich von selbst. Das sind meistens die C-Probleme, die üblicherweise von anderen Menschen im eigenen Umfeld aus den unterschiedlichsten Motiven ans Tageslicht befördert werden. Nun gibt es dankenswerterweise eine Art „common understanding“: Nach ein wenig Reflektion sind sich meistens alle (stillschweigend) darüber bewusst, dass es sich bei einem C-Inhalt um einen eben solchen handelt. Nach spätestens drei Tagen wird Ruhe einkehren und noch mehr Zeit frei werden zur Konzentration auf die A-Inhalte.
  • A propos C-Inhalte: Das Einführen von Telefon- und Email-Zeitfenstern ist dringend zu empfehlen.

7. Das Telefon abschaffen

… oder zumindest zurückdrängen. Warum? Weil die meisten Telefongespräche (ähnlich Meetings) nicht ausschließlich problemlösungsorientiert sind, sondern zu großen Teilen aus informellem Austausch bestehen („Wie geht’s?“, „Was läuft?“, „Wie ist hier der Stand?“, „Was ist eigentlich mit Frau/Herrn Müller aus dem 1. Stock passiert?“). Wer sich am nächsten Tag noch an den kompletten Inhalt eines Telefongesprächs erinnern kann, der werfe den ersten Stein. Nun ist erstmal nichts gegen Austausch einzuwenden, außer, dass er Zeit in Anspruch nimmt, unser wertvollstes Gut. So entstehen Flaschenhälse: das Ausgangsproblem, der Gegenentwurf einer guten Ablauforganisation.

Es lohnt also, AnruferInnen dazu zu bewegen, langsam aber stetig auf schriftliche Kommunikationsmethoden umzusteigen. Denn:

  • Was aufgeschrieben wurde, ist auch dokumentiert und damit auffindbar, durchsuchbar, weiterverarbeitbar und verbindlich. In-den-Hörer-Gesagtes hingegen nicht.
  • Was aufgeschrieben wurde, kann ich zur Kenntnis nehmen und reagieren, wenn es mir in meinen Tagesplan passt.
  • Was aufgeschrieben wurde, ist in der Regel auf’s Wesentliche reduziert.

Wie man den Umstieg schafft:

  • Telefon stets nur als Fallback-Option anbieten.
  • Immer per Email oder per Chat auf Voicemails antworten.
  • Vor einem Telefongespräch (oder jedem anderen Meeting) immer eine Agenda einfordern, um den Zweck des Gesprächs (Problem und Lösungsansatz) einzugrenzen.
  • „Lass‘ es uns einfach mal ausprobieren“: Das Vorhaben behutsam ankündigen.

Auf Informationsaustausch lässt sich natürlich nicht verzichten. Man kann Informationen aber auch gerichtet (und schriftlich) abfragen, zum Beispiel mit Hilfe von Google Forms, Typeform, Monday Forms oder ähnlichen Anwendungen. Wenn man nicht auf telefonische Erreichbarkeit verzichten kann, gibt es eine Lösung: Für wenig Geld (ab ca. 50 EUR / Monat) kann man sich einen Entgegennahme- und Dokumentationsservice für Telefongespräche und kleine Standardaufgaben (z.B. Katalogversand) buchen, der sich an verschiedenen Punkten einer Ablauforganisation einbinden lässt. Gesammelte Anrufnotizen lassen sich dann im nächsten Telefon-Zeitfenster abarbeiten.


There is surely nothing quite so useless as doing with great efficiency what should not be done at all.

Peter Drucker

Du hast während des Lesens einiger Teile im Stillen genickt? Du willst mit deinem Aufgabenbereich, deiner Abteilung oder deinem Unternehmen einige, alle oder sogar noch mehr dieser Schritte gehen? Du wünschst dir einen Sparringspartner auf dem Weg zur Ablauforganisation? Dann lass‘ uns unverbindlich sprechen.